„Schätze heben und bewahren“ aus dem historischen Archiv der Gemeinde Seeham – Mag. Gerald Pribas

Die Käsereien von Seeham (Teil 2)

Der früheste Nachweis einer Käserei in Matzing (und überhaupt in Seeham) findet sich im Salzburgischen Geschäfts-, Volks- und Amtskalender 1904 auf Seite 120. Dort ist Johann Pertl als Käserei-Pächter genannt. Da der Amtskalender immer den Stand von Oktober des Vorjahres wiedergibt, muss Pertl also ab 1903 in Matzing gekäst haben. Die weiteren Jahrgänge des Amtskalenders bis inkl. 1911 geben ebenfalls Johann Pertl, der Jahrgang 1912 zusätzlich auch Hermann Straßgschwandter an und der Jahrgang 1913 nur mehr Andreas Stocker. Leider habe ich bis jetzt keine sicheren Quellen gefunden, wo in Matzing sich die Käserei zu dieser Zeit befunden haben könnte. Die Jahrgänge 1914 bis inkl. 1924 erwähnen keine Käserei in Matzing.







Die Käsereien von Seeham (Teil 2) Mag. Gerald Pribas
Foto: Das Haus Matzing Nr. 87 Anfang der 1950er Jahre. In der Mitte Gregor Simmerstatter, links die 2. Gattin Maria, rechts Hans Dirnberger, Kasknecht. Rechts am Haus, nicht gut erkennbar, die Aufschrift „Flaschenbierverkauf“ und das alte Logo der Trumer Brauerei.
Foto mit freundlicher Genehmigung von Otmar Wimmer.







Die einzigen Zusatzinformationen in diesem Zeitraum betreffen Hermann Straßgschwandtner.

Die einzigen Zusatzinformationen in diesem Zeitraum betreffen Hermann Straßgschwandtner. Er findet sich mehrfach in den Matriken der Pfarre Seeham. Am 29.08.1910 heiratet er in Seeham die Tochter des Wasenmeisters zu Seeleiten, Maria Schnellinger. Im Trauungseintrag ist sein Geburtsort mit Oberalm, das Geburtsdatum mit 25.03.1875 angegeben, der Beruf ist „Käser“, und er ist in Matzing 34 „in Wohnung und Aufenthalt“. In Taufeinträgen seiner Kinder bis 1912 ist weiterhin die Adresse Matzing 34 angegeben, in späteren Einträgen Matzing 28.
Aus den erwähnten Fakten lässt sich doch begründet vermuten, dass vielleicht von Anfang an im Haus Nr. 34 gekäst wurde. Das Haus muss jedenfalls 1910 bereits als Käserei existiert haben und gehörte damals zum Matzinggut. Dieses Gut wird im Grundbuch Matzing unter der Einlagezahl 51 (inzwischen gelöscht) als „Untermatzingermühle Nr. 1 mit radicirter Ehe und Mautmühlgerechtsame“ bezeichnet. Im Gutsbestandsblatt findet man auch die Bauparzelle 122, auf der das Haus Nr. 34 stand. Leider beginnen die Bauakten der Gemeinde Seeham für dieses Haus erst in den 1930er Jahren, aus der Zeit vorher existieren keine Akten, da-her bleibt offen, ab wann an dieser Adresse ein Gebäude stand.

Ab dem Jahrgang 1924 (also Stand Oktober 1923) verzeichnet der Amtskalender zunächst für 4 Jahre Alois Simmerstatter als Käser.

Ab dem Jahrgang 1924 (also Stand Oktober 1923) verzeichnet der Amtskalender zunächst für 4 Jahre Alois Simmerstatter als Käser. Es wird sich dabei um den am 09.08.1889 geborenen Sohn vom Matzinggut handeln, der am 05.05.1919 in Maria Plain Elisabeth Schallmoser aus Perwang heiratete. Im Trauungseintrag wird er als „Bauer von Untermatzing“ bezeichnet, ist also bereits Besitzer des Gutes. Seine Gattin wird Hälfteeigentümerin.
Der Großneffe des Ehepaares Simmerstatter/Schallmoser, Otmar Wimmer, berichtet dagegen von der Gründung der Käserei durch die Brüder Alois und Gregor Simmerstatter im Jahr 1919. Nach einigen Jahren hätte man sich aber getrennt, und Gregor habe den Betrieb alleine weitergeführt. Wirtschaftlich sei es dann sogar besser gegangen.
Im Amtskalender von 1929 scheint Gregor Simmerstatter zum ersten Mal als Käser in Matzing auf. Er war ein jüngerer Bruder (geb. 07.05.1899) des Alois und hat am 15.11.1926 in der Pfarrkirche Seeham Katharina Rehrl aus Obertrum geheiratet. Mit Kaufvertrag vom 22.10.1929 kauften die „Käsersehegatten“ Gregor und Katharina den Gutseigentümern Alois und Elisabeth das Haus Nr. 34 samt dem Grundstück, auf dem das Haus steht, um 7000-. Schilling ab. Die Kasereieinrichtung ist ausdrücklich im Kaufpreis inbegriffen. Es existierte auf dem nun im Eigentum von Gregor und Katharina stehenden Grundstück bereits eine Wasserleitung. Die Verkäufer durften diese Wasserleitung weiterhin benützen, was auch grundbücherlich sichergestellt wurde. Interessant auch, dass im Kaufvertrag ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass der Familienname „Simmerstatter“ lautet. Vielleicht gab es die Variante „Simmerstätter“.

Gregor Simmerstatter betrieb ab nun die Käserei erfolgreich im Keller des Hauses Nr. 34. Vom Jänner 1930 existiert ein Bauplan für einen Schweinestall und eine Waschküche mit handschriftlicher „gemeindeamtlicher Bestätigung“ durch den Bürgermeister Michael Dürager.

Gregor Simmerstatter betrieb ab nun die Käserei erfolgreich im Keller des Hauses Nr. 34. Vom Jänner 1930 existiert ein Bauplan für einen Schweinestall und eine Waschküche mit handschriftlicher „gemeindeamtlicher Bestätigung“ durch den Bürgermeister Michael Dürager. Ob dieser Bau je ausgeführt wurde, geht aus den Bauakten nicht hervor, jedenfalls gibt es keine Fertigstellungsanzeige oder Kollaudierung. Gregor kaufte 1932 noch ein angrenzendes Grundstück dazu. Tatsächlich ausgeführt wurde aber ein am 17.03.1936 bewilligter Bau. Der Keller wurde vergrößert und eine Molkehütte errichtet. Obwohl es am Haus seither mancherlei An- und Umbauten gab, ist der vergrößerte Keller weitgehend unverändert geblieben. 1941 starb Gregors Gattin Katharina, 1942 heiratete er zum 2. Mal, die Witwe Maria Strasser (geb. 31.01.1904).
Offenbar waren nach dem 2. Weltkrieg trotz der Vergrößerung des Kellers die Räumlichkeiten für den Betrieb zu klein geworden. Am 15.09.1949 erhielt Gregor Simmerstatter die baupolizeiliche Genehmigung zum Bau eines Käsereigebäudes südlich des Hauses Nr. 34, 1951 erfolgte die Benützungsbewilligung. Das neue Gebäude erhielt die Hausnummer 87. Ein konsenslos angebauter Gär- und Lagerkeller wurde 1959 nachträglich genehmigt. Dass man hingegen für nicht betriebswichtige Dinge eher kein Geld verwenden wollte, geht auch aus den Bauakten hervor. Trotz mehrmaliger Aufforderungen der Baubehörde hatte der Balkon 1954 noch kein Geländer und keinen Boden (s. Foto oben).
Neben dem Geschäft mit Milch und Milchprodukten hatte man auch einen Gewerbeschein für einen Getränkeladen und verkaufte u. a. Flaschenbier. Außer der Verkaufsstelle im Käsereigebäude hatte man im Ort Seeham noch eine Milchabgabestelle, die 1952 Maria Oitner führte. In diesem Jahr wechselte die Milchabgabestelle vom Haus Nr. 79 in das Haus Nr. 8. Ende der 1950er Jahre hatte man auch schon einen Lastwagen Marke „Hanomag“

Lastwagen der Käserei ca. 1958. Am Steuer Pankraz Wimmer sen., auf seinem Schoß die älteste Tochter Brigitta.

Foto mit freundlicher Genehmigung von Pankraz Wimmer jun.

Lastwagen der Käserei ca. 1958. Am Steuer Pankraz Wimmer sen., auf seinem Schoß die älteste Tochter Bri-gitta. Abdruck mit freundlicher Geneh-migung von Pankraz Wimmer jun.
In den Jahren nach dem 2. Weltkrieg waren die Einzugs- und Versorgungsgebiete der Käsereien streng reglementiert.
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In den Jahren nach dem 2. Weltkrieg waren die Einzugs- und Versorgungsgebiete der Käsereien streng reglementiert. Für die Käserei in Matzing ist aus dem Jahr 1952 im Gemeindearchiv ein Bescheid des Milchwirtschaftsfonds erhalten: Das Einzugs- und Versorgungsgebiet umfasst „die Weiler Matzing, Gimelsberg, Webersberg, Gröm, die Einschicht Wiesenberg, die Betriebe Franz Altenberger, v. Sail, Johann Mösl, v. Kaiser, Simon Schnellinger, Stefan Berger, v. Obermatzing, Peter Rosenstätter, Schiessendoppl, Josef Gradl, v. Doppelmühle, das Dorf Seeham“ (alle Namen und Vulgonamen wie im Bescheid zitiert).
1962 wurde der Bau eines Hühner- und Schweinestalles genehmigt, 1964 der Bau einer Garage. Schweineställe als Nebengebäude von Käsereien waren durch-aus üblich. Man fütterte die Schweine mit der Molke und verwertete diese damit.
1956 hatte Pankraz Wimmer, Schererbauersohn aus Fraham, Gregors und Katharinas Tochter Johanna, die Käserin gelernt hatte, geehelicht. Er erlernte ebenfalls die Käserei und machte auch die Meisterprüfung. Das Paar übernahm 1964 den Käsereibetrieb. 1967 wurde noch eine Garage errichtet und eine Ölfeuerungsanlage mit Dampfkessel zur Erhitzung der Käsekessel mit Dampf statt mit Festbrennstoffen installiert. Ab 1974 lernte der Sohn des Ehepaares Wimmer, ebenfalls mit Namen Pankraz, das Käsereigewerbe und arbeitete mit. Trotzdem entschieden sich die Eigentümer 1977 zur Schließung. Der Weiterbetrieb hätte große Investitionen erfordert, die sich nur schwer amortisiert hätten. Überdies war absehbar, dass die Schwester Pankraz Wimmers sen., die seinen Gasthausbetrieb in Fraham in Pacht hatte, in Pension gehen würde und das Gasthaus zur Übernahme anstehen würde. 1981 wurde aus dem ehemaligen Käserehepaar ein Gastwirtsehepaar.

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