Das Archiv-Team im Kulturdorf Seeham: alte Ansichten

Bild (links = Kramersepplhaus = Volksschule) zum Vergrößern anklicken!

Matthias Hemetsberger

März 1938 in Seeham

Zu Schulbeginn 2017 beleuchte ich in Auszügen die gesetzliche Lage, welche die Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern vor 162 Jahren bezüglich Schulbesuch und Schulversäumnisse vorgefunden haben. Ich bin bei der Durchsicht der Landesgesetze in der Universitätsbibliothek Salzburg im Rahmen meiner Nachforschungen für die Gemeindechronik auf einen diesbezüglichen Ministerialerlass vom 24.Juli 1855 gestoßen.


Der Besuch der Volksschule (Werktagschule) dauerte sechs volle Jahre. Der Eintritt fand jährlich zweimal, nämlich mit Anfang des ersten und des zweiten Semesters je nach der individuellen Beschaffenheit des Kindes oder der örtlichen Schulverhältnisse zwischen dem zurückgelegten fünften und siebenten Lebensjahr statt.
Ursachen des Nichtschickens zum Schulbesuch waren dem Ortsseelsorger und dem Lehrer anzuzeigen.
Wer später eintrat, konnte auch nur später austreten. Wer längere Zeit ohne zureichende Gründe die Schule versäumte, hatte die Schulzeit durch nachträglich fort-gesetzten Schulbesuch zu ergänzen.
Katholische Kinder sollten nicht vor Empfang der heiligen Sakramente der Buße und des Altares aus der Werktagschule austreten.



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Damit Eltern das Schulschicken nicht allzulange aufschoben oder wohl gar unterließen, wurden sie alljährlich, wenn das Kind die zweite Hälfte des sechsten Lebensjahres überschritten hatte, durch eine Schulbeschreibung, die vom Lehrer unter Beihilfe des Ortsschulaufsehers verfasst wurde, an das pflichtgemäße Schicken gemahnt und nöthigenfalls dazu verhalten.
Die Überwachung des fortgesetzten Schickens in die Schule nach dem Schuleintritt oblag dem Lehrer, dem weltlichen Ortsschulaufseher und dem Ortsseelsorger.
Der Lehrer hatte die Kinder zum fleißigen Besuche des Unterrichtes aufzumuntern und vom Ausbleiben in geeigneter Weise zu warnen.

Die Schulversäumnisse waren täglich in dem Fleißkatalog vorzumerken und zu überprüfen, ob das Ausbleiben gerechtfertigt war oder nicht. Dem Ortsseelsorger war jede Woche mündlich und am Schlusse des Monats schriftlich über die Schul-versäumnisse und deren Ursachen zu berichten.
Der Ortsschulaufseher hatte in die Aufzeichnungen des Lehrers Einsicht zu nehmen, hatte sich in der Behebung ungerechtfertigter Schulversäumnisse mit dem Ortsseelsorger abzusprechen und in besonderen Fällen dem Schuldistriktaufseher Meldung zu machen.
Der Ortsseelsorger hatte die Eltern der als nachlässig im Schulbesuch angezeigten Kinder vorzurufen, sie über die Ursachen einzuvernehmen und auf die Folgen der Schulversäumnisse aufmerksam zu machen. Zusam-men mit dem Ortsschulaufseher und dem Ortsvorstand (Bürgermeister) war bei fruchtlos ermahnten Eltern die anzutragende Bestrafung festzulegen.
Die Bestrafung erfolgte bei zahlungsfähigen Eltern mit dem doppelten, im Wiederholungsfall dem dreifachen oder vierfachen Schulgeld. Bei armen Eltern erfolgte die zeitweilige Entziehung der Schulgeldbefreiung oder der Verpflegungs- und Unterstützungsgenüsse aus dem Armeninstitut. Bei fortgesetzter Unfolgsamkeit erfolgte die zwangsweise Vorführung der Kinder zur Schule durch die Gensd`armerie und die Bestrafung der Eltern mit einem eintägigen Arrest.
Von den eingehenden Schulstrafgeldern erhielt der Lehrer den einfachen Betrag, wenn er durch das Ausbleiben der Kinder am Schulgeld verkürzt wurde, aber auch als Entlohnung für die vermehrte Arbeit, die durch die Überwachung und Beseitigung der Schulversäumnisse entstand. Verzichtete der Lehrer darauf, wurden die Strafgelder für arme Schulkinder verwendet. Strafgelder über den einfachen Betrag hinaus waren an die k.k. Landesstelle einzusenden.
Nach dem Besuch der Volks-oder Werktagsschule musste die austretende männliche und weibliche Jugend bis zum vollendeten 15. Lebensjahr e, die Lehrlinge die ganze Dauer ihrer Lehrzeit, die Wiederholungs- und Fortbildungsschule besuchen. Der Unterricht erfolgte an allen Sonntagen in der Regel zwei Stunden lang und diente der Vertiefung des in der Volksschule Gelernten, der Vermittlung neuer Kenntnisse, die den Schülern in ihren Berufsverhältnissen nützlich werden können, und der Begründung einer thätigen Religiosität und der Beförderung guter anständiger Sitten. Knaben und Mädchen wurden abgesondert unterrichtet. Lehrlinge, welche beim Eintritt in die Lehre ein glaubwürdiges Wiederholungs- und Christenlehr-Zeugniss vorweisen konnten, waren befreit.
Die Aufsicht über die Wiederholungs- und Fortbildungs-schule führte der Ortsseelsorger mit dem Ortsschulaufseher. Sie hatten ein vorzügliches Augenmerk auf das sittliche Verhalten der Schüler zu richten und jedes geeignete Mittel anzuwenden, um sie vor Verführung und einem leichtsinnigen Treiben zu schützen und sie zu einem christlich rechtschaffenen Betragen zu gewöhnen. Der Ortsvorsteher (Bürgermeister) sollte in der Wiederholungsschule von Zeit zu Zeit erscheinen, um sich vom Zustande derselben zu überzeugen.