Raunachtgeflüster

Matthias Hemetsberger 2021

Gehört hzhatte Emil davon. Doch er hielt nichts auf die Geschichten, die von alters her erzählt wurden über die Raunächte, in denen Geister des Nachts herumirren und Menschen durch sie zu Schaden kommen sollten. Das mit den Geistern schien ihm noch einigermaßen plausibel zu sein, wenn die Menschen in dunklen Nächten im Schein des fahlen Mondes Schatten von Bäumen und Sträuchern für Geister hielten oder in Sturmnächten das Heulen des Windes furchterregend wirkt. Aber dass die Tiere des Stalls in den Raunächten mit menschlichen Stimmen ihr Leid klagen: Dem konnte er nichts, schon gar nichts abgewinnen. Umso erstaunter, ja zutiefst erschrocken war er, als er in einer der Raunächte in geselliger Runde saß und ein Erlebnis hatte, das Gott sei Dank nur von ihm wahrgenommen wurde,ihn aber außerordentlich in Unruhe versetzte. Nicht, dass plötzlich die neben ihm am Boden liegende, schnurrende Katze oder der auf dem Teppich dahindösende Dackel mit Stimmen sich beim Glockenschlag Mitternacht vernehmbar machten. Nein diese kamen aus dem lnnern seines Körpers. Als er gerade nach einem Stück Surspeck greifen wollte, hörte er: "Bitte nicht! Das ist zu viel Fett. hzDa wird mir schlecht!" Er rempelte seinen Nachbar an und meinte, dass ihm das gar nichts anginge, wenn er einen Surspeck esse. Dieser schaute verdutzt und raunte ihm zu, er solle mit dem Bierhz ein bisschen besser aufpassen. Da vernahm er wiederum: "Ist mir schlecht!" Diesmal konnte er die Stimme deutlich im Inneren seines Körpers, in der Magengegend verorten. Sollten sich die Raunachtgeister bei ihm in der Weise bemerkbar machen, dass Organe des Körpers sich äußern? Als aus der Lebergegend der Zuruf kam: "Es ist genug des Alkohols. Ich bin an meine Grenze gekommen", und er undeutlich "Zirrhose" härte, wusste er, dass es keine Sinnestäuschung war, sondern ein Raunachtgeschehen. Während die anderen am Tisch immer lauter wurden, nahm er sich zurück, was gar nicht seine Art war. Das fiel schließlich allen auf und verschiedene Wortmeldungen, nicht immer die feinsten, waren zu hören. Er passte nicht mehr dazu, deswegen verabschiedete er sich, um nach Hause zu fahren. Als er im Begriff war, in das Auto zu steigen, meldete sich sein Herz: "Das Blut signalisiert mir: Achtung! Zu viel Alkohol. Der Blutdruck ist erhöht und beeinflusst das vegetative Nervensystem. Deine Konzentration und deine Reaktionsfähigkeit haben stark nachgelassen. Fahr nicht, geh zu Fuß nach Hause"! "Das finden wir großartig, da können wir uns nach dem langen Sitzen so richtig austoben", sprachen die Füße im Duett mit den Beinen.

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